Solidarität ist eine Waffe!

08.04.2006

Streik bei Gate Gourmet nach sechs Monaten beendet

Am 7. April 2006 wurde einer der längsten Streiks der deutschen Ge­schichte beendet. Genau sechs Monate befanden sich die ArbeiterInnen der Firma Gate Gourmet in Düsseldorf im Streik. Gate Gourmet ist für die Ver­pflegung bei Flügen zuständig und wurde vor drei Jahren von der Texas Pacific Group aufgekauft. Die Texas Pacific Group ist eine Firma, die sich darauf spezialisiert hat, andere Firmen aufzukaufen, die Kosten in diesen Fir­men mit allen erdenklichen Mitteln zu senken und sie dann zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen.

Im Endeffekt bedeutet das für die Men­schen, die gezwungen sind, ihre Ar­beitskraft bei Gate Gourmet zu verkaufen, auf Lohnerhöhungen und Weihnachtsgeld zu verzichten und einen insgesamt noch stressigeren Ar­beitsablauf zu akzeptieren. Dies nah­men die ArbeiterInnen von Gate Gourmet hin, doch dann wollte die Fir­menleitung noch weitergehende Ver­schlechterungen durchsetzen: eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, Kürzung des Jahresurlaubs von 30 auf 25 Tage, eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit und eine Reduzierung der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Im Gegenzug forderte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung um 4,5 Prozent.

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Nachdem die Verhandlungen geplatzt waren, stimmten 90 Prozent der Arbei­terInnen für Streik und erfuhren dafür sehr viel Solidarität. Es gab immer wie­der Blockaden des Firmenlagers durch SympathisantInnen und Aktionen ge­gen Streikbrecherfirmen. Doch am Ende konnte sich die Firma Gate Gourmet mit ihren Kürzungsplänen weitestge­hend durchsetzen.

Die Entwicklung bei Gate Gourmet steht nur beispielhaft für die fort­schreitende Verschlechterung unse­rer Arbeits- und Lebensverhältnisse. Denn egal ob wir dank Hartz IV auf Armutsniveau leben müssen und dazu eventuell noch für einen Euro pro Stunde zu meist sinnlosen Ar­beiten verdonnert werden, ob wir nach einem teuren Studium von ei­nem unbezahlten Praktikum zum nächsten eilen, ob wir als Ich-AG alle Risiken unserer materiellen Existenz selber tragen müssen, ob wir in be­fristeten unsicheren Arbeitsverhältnis­sen Vollzeit arbeiten müssen, um doch wieder nur gerade so über die Runden zu kommen, oder ob wir „noch das Glück haben", in einem regulären Job immer länger für immer weniger Geld arbeiten zu dürfen, immer mit der Angst im Nacken, bei der nächsten Ra­tionalisierungsmaßnahme auf die Stra­ße gesetzt zu werden ? der allgemeine Trend zur Prekarisierung betrifft uns alle. Gleichzeitig produziert diese Ge­sellschaft einen stetig wachsenden Reichtum.

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Dies liegt daran, dass es in diesem Sys­tem nicht um die Erfüllung menschli­cher Bedürfnisse geht, sondern allein um die Erzielung von Profit, von Mehr­wert, der den Arbeitenden abgepresst wird. Die Entwicklung der Produktiv­kräfte schreitet dabei immer weiter voran und benötigt immer weniger Ar­beiterInnen um das System am Laufen zu halten. So ist zum Beispiel der jähr­liche Umsatz pro IndustriearbeiterIn in Deutschland von 167.820 Euro im Jahr 1991 auf 355.441 Euro im Jahr 2003 gestiegen. Für dieselbe Produktion, für die 1991 noch 1.000 Arbeitende benö­tigt wurden, wurden 2003 nur noch 472 Menschen gebraucht.

In vernünftig eingerichteten Verhält­nissen wäre dies ein Grund zur Freude, da zur Produktion der benötigten Güter immer weniger Arbeit nötig ist und da­mit für alle mehr freie Zeit anfallen würde, in der mensch sich selbst ver­wirklichen könnte. In der kapitalisti­schen Produktionsweise dagegen führt dies nur dazu, dass immer mehr Men­schen aus der Arbeitswelt herausfallen, da sie nicht mehr benötigt werden. Diese, im kapitalistischen Sinne, „Über­schussbevölkerung" übt aber auf die noch arbeitenden Menschen dergestalt einen Druck aus, dass sie wieder in das Arbeitssystem integriert werden will und somit zum Drücken von Löhnen und Arbeitsbedingungen eingesetzt werden kann. „Wenn Du nicht für weniger Geld länger arbeiten willst gibt es ja noch genug Arbeitslose, die dies sicher gerne tun würden!" So führt die Arbeitslosigkeit auch bei den noch Arbeitenden zu immer schlechteren Arbeitsbedingungen.

Diese „Überschussbevölkerung" wird durch die rasante technische Ent­wicklung aber immer größer. Welt­weit, aber auch in Deutschland, wo es real bis zu neun Millionen Arbeitslo­se gibt. Die Aufstände der Jugendli­chen in den französischen Vorstäd­ten oder die Ereignisse in Berliner Hauptschulen sind Reaktionen dieser zur Überflüssigkeit verurteilten Men­schen, die erkannt haben, dass sie dauerhaft vom Reichtum der Gesell­schaft ausgeschlossen sein werden.

Deshalb lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft kämpfen, in der die Be­friedigung der menschlichen Bedürf­nisse das Maß aller Dinge ist. In der alle Menschen ohne Hunger, Ausbeutung und Entfremdung leben können. Diese Gesellschaft wird sich allerdings nicht durch die Abgabe einer Wählerstimme alle vier Jahre und erst recht nicht durch ein Gesetz von oben erreichen lassen. Sie kann nur in den konkreten Kämpfen der Menschen, wie bei Gate Gourmet, aufscheinen. Deshalb gilt ih­nen unsere Solidarität.

Für den Kommunismus! Für die Anarchie!

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