Auf unserem Rücken? (Oktober 2020)
30.10.2020
Die Corona-Pandemie wütet immer noch. Politikerinnen und Politiker rufen deshalb zum Zusammenhalt auf. Doch in den letzten Tagen oder Wochen konnte man beim Blick in die Zeitung oder am eigenen Schicksal erleben, dass es mit diesem Zusammenhalt nicht so weit her ist. Denn die Unternehmen versuchen die Wirtschaftskrise, die auf die Coronakrise folgt, so zu lösen wie immer; auf unserem Rücken:
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So plant etwa der Automobilzulieferer Continental weltweit den Abbau von 30.000 Jobs, davon allein 13.000 in Deutschland. Die VW-Tochterfirma MAN, die LKWs produziert, plant hierzulande die Schließung von zwei Werken und den Wegfall von bis zu 9.500 Stellen. Und trotz Milliardenhilfe des Staates will die Lufthansa 26.000 Menschen entlassen, und so weiter...
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Doch der Arbeitsplatzabbau betrifft nicht nur Industriearbeitsplätze. Wie die Minijobzentrale mitteilte, sind im Zeitraum von Juni 2019 bis Juni 2020 837.000 Minijobs verloren gegangen. Diese Menschen tauchen dann oftmals in den offiziellen Arbeitslosenstatistiken nicht auf, da viele dieser Jobs nebenberuflich, neben dem Erstjob, dem Studium oder der Rente ausgeübt wurden.
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Dafür steigt dann aber die sogenannte Altersarmut und die Verschuldung von Studierenden. So warnte etwa Ende September das Statistische Bundesamt vor der wachsenden Zahl alter Menschen, die von Armut bedroht seien. Und Zehntausende Studierende haben in den letzten fünf Monaten bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Kredite im Wert von fast einer Milliarde Euro aufgenommen, die sie natürlich irgendwann auch wieder zurückzahlen müssen.
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Gleichzeitig bereitet sich die Bundesagentur für Arbeit bereits auf die kommende Pleitewelle vor. Diese wird vor allem kleine Läden, Restaurants, Bars, Kultureinrichtungen und die Tourismusindustrie treffen. Die Wirtschaftsauskunft Creditreform schätzt die Zahl der verdeckt überschuldeten Unternehmen bereits auf bis zu 800.000.
Und dies war nur eine kleine Auswahl von Meldungen, die zeigen, dass wir diese Krise bezahlen sollen. Doch wir können uns auch dagegen wehren: In den vergangenen Tagen und Wochen gab es große Proteste von Arbeiterinnen und Arbeitern der Automobilindustrie gegen die drohenden Entlassungen, Streiks im Öffentlichen Dienst, vor allem im Gesundheitswesen und Streiks im öffentlichen Nahverkehr. Und global gibt es Unruhen und Proteste rund um den Erdball von Algerien bis Zimbabwe.
Diese setzen die Kämpfe fort, die bereits vor der Corona-Krise ausgebrochen waren. Denn bereits vor Beginn der Pandemie zeichnete sich ein neuer Einbruch der Weltwirtschaft ab, die sich noch immer nicht von der großen Krise 2007/2008 erholt hatte. Corona beschleunigte und vertiefte diese Entwicklung nur noch.
Unterstützen wir die Proteste und kämpfen für eine Welt, in der die Produktion den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht die Menschen den Bedürfnissen der Wirtschaft. Eine Welt, in der unser Leben nicht davon abhängt, ob ein ominöser Markt gerade unsere Arbeitskraft gebrauchen kann oder nicht. Eine Welt, in der wir selbst entscheiden können, wie wir leben wollen und nicht Politikerinnen, Bosse oder sonst irgendwer.
Wenn ihr Probleme auf der Arbeit habt, sei es Stress mit dem Chef, Lohnkürzungen, (ungewollte) Arbeitszeitkürzungen oder Entlassung, könnt ihr euch hier melden:
arbeit@corona-solidaritaet.de
Tretet den Basisgewerkschaften bei: Die FAU und die IWW sind Basisgewerkschaften, die gerade in den Bereichen kämpfen, an denen die großen Gewerkschaften kein Interesse haben:
La Banda Vaga Oktober 2020
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