2001

Der Nächste bitte! - Eine Analyse des Nato-Einsatzes in Mazedonien

26.10.2001

\"Die Welt ist in Bewegung, Osteuropa wird jetzt aufgeteilt. Wer nicht dabei ist, der verliert.\" [1] formulierte der ehemalige Vorstandsvorsitzende von VW, Hahn, 1990 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Und damit Deutschland bei dieser Aufteilung nicht zu kurz kommt, bedient es sich einer schon \"traditionellen deutschen\" Politik, wie folgende Aussagen belegen. Die erste stammt aus dem Jahr 1941 vom Leiter der Reichskanzlei Martin Bormann: \"Grundsätzlich kommt es also darauf an, den riesenhaften Kuchen (damit ist Osteuropa gemeint; La Banda Vaga) handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können.\" [2] Die zweite Aussage stammt aus dem Jahr 1989 vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen. Dieser meint, Deutschland müsse im Hinblick auf Osteuropa \"durch Regionalisierung [...] für sich die politischen Sahne bzw. Filetstückchen herausbrechen.\" [3] Das \"Zerlegen\" bzw. \"Regionalisieren\" von dem Bormann und Herrhausen sprechen, geschieht anhand einer völkischen oder neudeutsch \"ethnischen\" Kontinuitätslinie, die bis ins Kaiserreich zurückreicht. Dabei werden angeblich unterdrückte \"Völker\" oder \"Volksgruppen\" konstruiert, die anschließend als Manövriermasse dem Interesse der deutschen Expansion nach Osten dienen.

Jugoslawien wird ethnisch parzeliert

Geradezu mustergültig lässt sich diese spezielle deutsche Politik im ehemaligen Jugoslawien nach verfolgen. Stichworte hierzu sind die einseitige Anerkennung Kroatiens und Sloweniens und die Unterstützung der völkischen UCK. Bis jetzt sind schon vier Staaten und zwei internationale Protektorate auf dem Staatsgebiet des ehemaligen Jugoslawiens gebildet worden, doch ein Ende ist nicht abzusehen. Die ethnische Parzelierung geht weiter! Die völkisch-terroristische UCK hat bereits Begehrlichkeiten auf Teile Serbiens, Montenegros und Griechenlands angemeldet, Montenegro möchte sich lieber heute als morgen von der Bundesrepublik Jugoslawien trennen und auch im Norden Restjugoslawiens gibt es sezzesionistische Bestrebungen. Aktuell wird Mazedonien zum \"dritten westlichen Protektorat auf dem Balkan\" (FAZ) gemacht und entlang völkischer Kriterien geteilt. Entstanden ist der Konflikt als die völkische UCK, nachdem sie im Kosovo unter der Aufsicht von 40.000 KFOR Soldaten alle Minderheiten (SerbInnen, Roma, JüdInnen und div. andere) ermordet und vertrieben hat (nur im Norden des Protektorats leben noch einige SerbInnen), nach Mazedonien einsickerte und den Kampf zur Beendigung der Unterdrückung der AlbanerInnen aufnahm. Die albanisch sprechenden Mazedonier wurden zwar nie unterdrückt, es sind sogar Parteien der albanisch-sprachigen Minderheit an der Mazedonischen Regierung vertreten, aber die UCK stört das wenig. Ihr Ziel ist und bleibt die Schaffung eines \"völkisch reinen\" Großalbanischen Reiches und nachdem mithilfe der NATO das Kosovo schon \"befreit\" wurde, ist nun eben Mazedonien an der Reihe. Erste \"ethnische Säuberungen\" haben in den vor ihr besetzten Gebieten schon stattgefunden. [4] Der Westen unterstützt die UCK bei diesen Plänen großzügig, indem er ihr erlaubt vom Kosovo nach Mazedonien einzudringen (für die KFOR wäre es kein Problem die Grenzen abzuriegeln), indem er ihr Waffen liefert und indem er die mazedonische Regierung hindert, sich gegen die terroristischen Angriffe der UCK zu verteidigen. So reiste jedes Mal, wenn Mazedonien den Kriegszustand verhängen wollte, was die rechtlichen Möglichkeiten erweitert hätte, der \"Quasi-Außenminister\" der EU Javier Solana nach Skopje und verhinderte diesen Schritt, und die Sicherheitsberaterin von Georg W. Bush reiste im Juli in die Ukraine, von woher Mazedonien Waffen kaufte und unterband weitere Unterstützung. Diese Eingriffe in das Handeln eines souveränen Staates durch den Westen charakterisiert der Sprecher des mazedonischen Premierministers Antonio Milososki so: \"Mazedonien gilt ja teilweise nicht mehr als souveräner Staat.\" [5] Und auch verbal wissen sich die \"Ethno-Krieger\" der UCK vom Westen unterstützt, etwa wenn der deutsche Außenminister Joseph Fischer von der \"offenen albanischen Frage\" [6] spricht und damit die bestehenden Grenzen verschieben will. Auch die jetzt angelaufene NATO Aktion zur Einsammlung der Waffen der UCK ist auf den zweiten Blick ein Eingreifen auf Seiten der Sezzesionisten. Denn dadurch wird die UCK als legitimer Verhandlungspartner aufgewertet. Daß es nicht darum geht, der UCK die Waffen wegzunehmen war schon beim \"Streit\" um die Anzahl der einzusammelnden Waffen klar. Während die UCK angab, sie besäße 3.000 Waffen, sprach die mazedonische Regierung von 60 -80.000 Waffen. Die NATO, neutral wie sie nun mal ist, entschied sich für die Mitte und beschloss 3.300 Waffen einzusammeln. Nun können wir jeden Abend in der Tagesschau bewundern, wie UCK Männer medienwirksam Flinten aus dem Ersten Weltkrieg an NATO Soldaten überreichen, während sie ihre richtigen Waffen natürlich behalten und gleichzeitig weiter Waffen aus dem Kosovo bekommen. [7]

Krieg - Wieder deutsche Normalität

Die Diskussion um die deutsche Beteiligung an diesem Einsatz zeigt, dass es inzwischen wieder völlig normal ist, wenn deutsche Soldaten weltweit eingesetzt werden. Denn auch die Mehrzahl derjenigen die im Bundestag gegen diesen Einsatz gestimmt haben, sind nicht grundsätzlich gegen den Einsatz deutscher Soldaten in Mazedonien, sondern wollen entweder eine bessere Ausstattung der Bundeswehr (obwohl momentan eine riesige Aufrüstung der Einsatztruppen stattfindet) oder ein UN-Mandat. Dies zeigt, dass Deutschland ein wesentliches Kriegsziel des \"Kosovo-Krieges\" erreicht hat: Deutschland hat sich von seiner Vergangenheit befreit und kann wieder unbelastet weltweit Krieg führen! Neben diesem speziellen deutschen Interesse haben aber auch allgemeine ökonomische Gründe zu den Kriegen in Jugoslawien geführt. Eine aus kapitalistischer Sicht rückständige Sozialstruktur in großen Teilen Jugoslawien verhinderte eine wirtschaftliche Modernisierung. Weder dem Staatskapitalismus Titos, dem Druck des IWFs, noch den einzelstaatlichen Nationalismen ist es gelungen diese \"Rückständigkeit\" zu beseitigen und Jugoslawien Wettbewerbsfähig zu machen. Vor allem in den ärmsten Regionen, im Kosovo, in Mazedonien, in Bosnien und in der Herzegowina waren vor den Kriegen z.T. noch Elemente einer bäuerlichen Subsistenzwirtschaft vorherrschend, die sich jeglicher kapitalistischer Modernisierung verweigerten. \"Es sind die sozialen Strukturen und Werte [...] und die mit ihnen verbundenen Blockierungen nationaler und transnationaler Wertschöpfung, auf deren Zertrümmerung dieser Krieg abzielt.\" [8] Und auch in Mazedonien zeigt dieses Programm Wirkung. Nachdem bisher die Privatisierung der ehemaligen Staatsbetriebe nicht zur Zufriedenheit des westlichen Kapitals gelaufen ist, hat sich dies nach der Bombardierung Jugoslawiens gewandelt und durch den momentanen Bürgerkrieg gewinnt dieser Prozess noch an Fahrt. [9] All dies sind genug Gründe um Widerstand gegen den NATO-Einsatz in Mazedonien und v.a. den Einsatz der Bundeswehr zu leisten.

Nie wieder Deutschland!\ Für eine staaten- und klassenlose Weltgesellschaft

La Banda Vaga, 2001

Fussnoten:

[1] Vgl. Die Zeit vom 23.02.1990.\ [2] Martin Bormann, zitiert nach Ernst Klee und Willi Dressen (Hrsg.). Gott mit uns. Der deutsche Vernichtungskrieg im Osten 1939-1945. Frankfurt am Main 1989.\ [3] Alfred Herrhausen, zitiert nach Holger Kuhr. Russland wird De-Industrialisiert. Hamburg 1993.\ [4] Vgl. Meldungen der Nachrichtenagentur AFP vom 07.05.2001.\ [5] Vgl. \"Uns fragt hier gar keiner\", Interview mit Antonio Milososki in: Jungle World vom 05.09.2001.\ [6] \"Fischer: Die albanische Frage ist offen\", so die Seite 1-Schlagzeile der FAZ vom 22.03.2001.\ [7] \"Der Waffenschmuggel hat seit Beginn der NATO-Aktion nicht aufgehört, er geht unvermindert weiter\", so Victor Gobarev vom US-amerikanischen Polit-Institut statfor gegenüber der Wochenzeitschrift \"Jungle World\" vom 05.09.2001.\ [8] Die Ethnisierung des Sozialen. Die Transformation der jugoslawischen Gesellschaft im Medium des Krieges. Materialien für einen neuen Antiimperialismus Nr. 6. Berlin 1993.\ [9] Vgl. Jürgen Elsässer, Genua und Skopje, in Konkret 9/2001.

Gegen den Aufbau der EU-Armee

09.06.2001

Redebeitrag, gehalten auf der Demo gegen den deutsch-französischen Gipfel in Freiburg, 9.6.2001

Wir demonstrieren heute hier gegen das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der beiden wichtigsten EU-Staaten, Deutschland und Frankreich. Das wird viele verwundern, denn die EU wird von vielen, auch innerhalb der Linken, als etwas positives angesehen. Demgegenüber ist die Rolle des Bösewichts normalerweise für die USA reserviert. Denn diese würden für eine Politik der Gewalt und des Rechts des Stärkeren stehen. Die EU dagegen sei ein Zusammenschluss der europäischen Staaten, die aus der Vergangenheit gelernt hätten und die für eine friedliche Politik stehen. Das dem nicht so ist und das die EU zukünftig auch militärisch in ein Konkurrenzverhältnis mit den USA treten will, wirtschaftlich ist sie dies ja schon längst, zeigen die konkreten Pläne zum Aufbau einer schnellen europäischen Eingreiftruppe. Diese wurde noch während des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien beschlossen. Denn noch einmal wollte man sich nicht so von den USA vorführen lassen, wie über dem Himmel von Jugoslawien.

Deshalb wurde auf dem EU-Gipfel in Helsinki im Dezember 1999 beschlossen, dass diese Interventionstruppe aus 50-60.000 Soldaten bestehen soll, die ausgerüstet mit hochmodernen Material innerhalb von nur 60 Tagen mobilisiert werden soll, um bei Konflikten selbst in peripheren Gebieten auf dem Globus nach dem Rechten zu sehen. Im Klartext heißt das: Die EU will in Zukunft ihre Interessen weltweit auch militärisch durchsetzen. Bis 2003 soll der Aufbau dieser schnellen Eingreiftruppe abgeschlossen sein. Wer dann das Sagen in dieser Truppe haben wird, machen schon allein die Zahlen deutlich. Deutschland will mit 18.000 Soldaten etwa ein Drittel der Kräfte bereitstellen, die restlichen zwei Drittel werden von den übrigen 14 EU-Staaten gestellt. Auch der Oberbefehlshaber dieser Truppe wird von Deutschland gestellt. Bernd Schuwirth leitet als Generaldirektor den Militärstab aus Offizieren aller EU-Staaten. Wenn angesichts dieser Fakten angebliche Linke wie Hans-Christian Ströbele von Jäger 90/Die Olivgrünen den Aufbau der EU-Armee befürworten, weil damit Deutschland eingebunden und gebändigt würde, kann es sich dabei eigentlich nur um einen totalen Realitätsverlust handeln, oder aber die Kritik an Deutschland ist doch nicht so ernst gemeint. Auf jeden Fall unterstützen solche Position Deutschlands Drang nach einer neuen Großmachtspolitik. Ein hoher deutscher Offizier sah die Situation dagegen schon 1991 klarer, als er sagte: \"Deutschland ist nicht mehr Objekt des Geschehens, sondern macht selbst das Spiel - und zwar mit europäischen Trumpfkarten!\"

Die USA reagieren auf diese Herausforderung durch die EU unter deutscher Führung mit scharfer Kritik. So nannte ein Sicherheitsberater des US-Präsidenten den Aufbau der EU-Armee Anfang des Jahres einen \"Dolchstoß in das Herz der NATO\". Auch vor diesem Hintergrund muss der geplante Aufbau des amerikanischen Raketenabwehrprogramms gesehen werden. Noch sind die Europäer allerdings gezwungen auf die militärische Führungsmacht der USA Rücksicht zu nehmen und deshalb betonen sie auch ständig, die EU- Armee sei keine Konkurrenz zur NATO. In der Realität wird sie dies natürlich werden.

Damit aber die EU in ein auch militärisches Konkurrenzverhältnis mit den USA treten kann, müssen noch immense Rüstungsmaßnahmen bewältigt werden. Erste Schritte in diese Richtung sind mit der Bildung des größten europäischen Rüstungskonzern, der European Aeronautic Defense and Space Company (EADS) aus der deutschen DASA, der französischen Aerospatiale Matra und der spanischen CASA schon gemacht. Durch die Forcierung des weltraumgestützten \"Helios\" Aufklärungssystem sollen Defizite in der Informationsbeschaffung beseitigt werden. Und Airbus baut einen eigenen europäischen Militärtransporter - nicht zuletzt dafür wird in Hamburg-Finkenwerder ein Naturschutzgebiet zugeschüttet. Und auch die Bundeswehr wird schon seit Jahren für diese neuen Aufgaben umgebaut. So wurde erst letztes Jahr beschlossen die sog. Krisenreaktions Kräfte, also die diejenigen Einheiten die Kriege führen sollen auf 150.000 Männer und neuerdings auch Frauen aufzustocken.

Dies alles zeigt, dass es sich bei der EU nicht um ein \"positives, friedliches Projekt\" handelt, sondern dass die EU, unter deutscher Führung, ein imperialistisches Herrschaftsprojekt ist. Deshalb gilt für uns:

Deutschland stoppen !\ Den Aufbau der EU-Armee verhindern!\ Das imperialistische Herrschaftsprojekt EU zu Grabe tragen!\ Für den Kommunismus! Für die Anarchie!\ La Banda Vaga 2001

Deutschland stoppen! - Den Aufbau der EU - Armee verhindern!

28.05.2001

Der Text ist in dieser Fassung in \"Knack den Gipfel\", der Mobilisierungsbroschüre gegen den deutsch - französischen Gipfel, abgedruckt worden. Eine ältere Version war ein Aufruf zur Beteiligung am Ostermarsch.

\"Es wird ein nächstes Mal geben, obwohl ich nicht weiß, wann und wo!\"[1] So der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann nach dem Ende des NATO-Angriffskrieges gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Und beim nächsten Mal wollen sich die Europäer unter der Führung Deutschlands natürlich nicht so von den USA vorführen lassen wie bei der Bombardierung Jugoslawiens. Deshalb haben die Herrschenden in Europa ihre Konsequenzen aus dem Verlauf des Krieges gezogen und auf dem EU-Gipfel in Köln im Juni 1999 beschlossen, die Westeuropäische Union (WEU), ein ursprünglich gegen Deutschland gerichtetes Militärbündnis, in die EU zu integrieren. Damit wird die EU selbst zu einem Militärbündnis. Dafür soll das aus der deutsch-französischen Brigade hervorgegangene Eurokorps zu einer schnellen europäischen Eingreiftruppe ausgebaut werden. Auf dem EU-Gipfel in Helsinki im Dezember 1999 wurde dann beschlossen, dass diese Interventionstruppe aus 50 - 60 000 Soldaten bestehen soll, die, ausgerüstet mit hochmodernem Material, innerhalb von nur 60 Tagen mobilisiert werden soll, um bei Konflikten selbst in peripheren (!) Gebieten auf diesem Globus rasch nach dem Rechten sehen zu können. Im Klartext heißt das: Die EU will in Zukunft ihre Interessen weltweit auch militärisch durchsetzen. Bis 2003 soll der Aufbau dieser schnellen Eingreiftruppe abgeschlossen sein. Wer dann das Sagen in dieser Truppe haben wird, machen schon die Zahlen deutlich. Deutschland will mit 18 000 Soldaten etwa ein Drittel der Kräfte bereitstellen, die restlichen Zwei Drittel werden von den übrigen 14 EU Staaten gestellt. Auch für einen deutschen Oberbefehlshaber dieser Truppe setzt sich das deutsche Regierungspersonal verhement ein. [2]

Damit die EU in ein auch militärisches Konkurrenzverhältnis mit den USA treten kann, müssen noch immense Rüstungsmaßnahmen bewältigt werden. Erste Schritte in diese Richtung sind mit der Bildung des größten europüischen Rüstungskonzern, der European Aeronautic Defense and Space Company (EADS) aus der deutschen DASA, der französischen Aerospatiale Matra und der spanischen CASA schon gemacht. Durch die Forcierung des weltraumgestützten \"Helios\" Aufklärungssystems sollen Defizite in der Informationsbeschaffung beseitigt werden. Und Airbus baut einen eigenen europäischen Militärtransporter - nicht zuletzt dafür wird in Hamburg-Finkenwerder ein Naturschutzgebiet zugeschüttet. Die USA reagieren auf diese Herausforderung durch die EU unter deutscher Führung mit Kritik. So formulierte der stellvertretende US-Außenminister Talbott unlängst: \"Wir wollen keine europäische Verteidigungsinitiative erleben, die erst in der NATO entsteht, dann aus der NATO herauswachse und sich dann von der NATO wegbewege.\" [3]\ Auch vor diesem Hintergrund muß der geplante Aufbau des amerikanischen Raketenabwehrprogramms gesehen werden. Noch sind die Europäer unter deutscher Führung gezwungen, auf die militärische Führungsmacht der USA Rücksicht zu nehmen. Deshalb betonen europäische Politiker auch ständig, die EU-Armee sei keine Konkurrenz zur NATO. In der Realitüt wird sie dies natürlich werden. Vor diesem Hintergrund sind Positionen, wie die von Hans-Christian Ströbele (Jäger 90 / Die Olivgrünen), der für den Aufbau der EU-Armee ist, weil damit angeblich Deutschland eingebunden und gebändigt wird [4], naiv bzw. gefährlich, da die Durchsetzung deutscher Interessen momentan nur europäisch möglich ist. Er befördert damit genauso deutsche Großmachtspolitik wie andere \"Linke\" (z.B. die Wochenzeitung \"Freitag\" [5]), die fordern die EU müsse gegen die alleinige Weltmacht USA gestärkt werden. Ein hoher deutscher Offizier sah die Situation schon 1991 klarer: \"Deutschland ist nicht mehr Objekt des Geschehens, sondern macht selbst das Spiel - und zwar mit europäischen Trumpfkarten!\" [6]

La Banda Vaga 2001

Notizen\ [1] Klaus Naumann zit. n. Arno Neuber. Armee für alle Fälle. Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee, in: ISW (Hrsg.) ISW Report Nr. 44 vom August 2000. S. 3.\ [2] vgl. AP - Agenturmeldung. vom 15.11.2000. Streit um General.\ [3] Strobe Talbott zit. N. Oliver Thrünert. Wie die Europäer sicherheitspolitisch erwachsen werden wollen, in: Frankfurter Rundschau vom 24.7.2000, S. 8.\ [4] Vgl. Interview mit Christian Ströbele \"Die Grünen sind keine Kriegspartei\", in: Junge Welt vom 3./4.3.2001. S. 2 f.\ [5] \"Wer eine multipolare Welt amerikanischer Hegemonie vorzieht, wird dafür sorgen müssen, dass sich alternative Machtzentren entwickeln, die im Wettbewerb mit den USA bestehen können. Die Weltmacht Europa darf damit auch für europüische Linke kein Tabu sein.\", so der \"Freitag\" im Frühjahr 2000. Zit. n. Ralf Schröder, EU contra SDI, in: Konkret 3/2001, S. 40.\ [6] Zit. n. Johannes Varwick, Sicherheit und Integration in Europa. Zur Renaissance der Westeuropüischen Union, Opladen 1998, S. 199.

Knack den Gipfel! - Aufruf des Bündnisses \"Tollerohne\"

26.05.2001

Aufruf zu einem bunten und vielfältigen PROTEST gegen ein Europa der Gewalt und Unterdrückung

Deutsch-französischer Gipfel in Freiburg\ Wenige Tage vor dem EU-Gipfel in Göteborg werden sich Chirac, Schröder & Co. am 12. Juni in Freiburg im Breisgau treffen. Dabei demonstrieren die europäischen Führungsmächte Deutschland und Frankreich Geschlossenheit, nicht zuletzt weil das Verfolgen deutscher (französischer etc.) Interessen nur noch europäisch möglich ist. Aber auch mit zunehmender Europäisierung der Nationalstaaten bleibt dies ein Eu- ropa der Ausgrenzung, der kriegerischen Interventionen und des Arbeitszwangs. Doch dieses Europa ist nicht unseres!\ Diesen Sommer werden europaweit Tausende ihren Widerstand gegen die kapitalis- tische Verwertung und deren Auswirkungen auf die Straße tragen: neben Freiburg in Göteborg gegen den EU-Gipfel (14. Juni), die Weltbank-Tagung in Barcelona (24. Juni) und den G8-Gipfel in Genua (20. Juli). Spucken wir den Herrschenden in die Suppe! Für eine Welt, in der viele Welten Platz haben!

Wirtschaftsmacht Europa\ In den letzten Jahren hat sich der marktwirtschaftliche Wettbewerb zwischen den Nationalökonomien hin zu konkurrierenden Wirtschaftsräumen verlagert. Dabei bildeten sich die Wirtschaftsblöcke EU, Japan und USA (mit Freihandelszonen NAFTA und bald FTAA) heraus. Wirtschaftliche Krisen, zunehmende Kapitalanhäufung, verschärfte Ausbeutung von Arbeitskraft usw. führen zur Marginalisierung weiter Bevölkerungsteile nicht nur des Trikonts. Dort müssen sich immer mehr Menschen in Fabriken zu Niedrigstlöhnen verdingen, unter denkbar schlechtesten Bedingungen und ohne gewerkschaftlichen Schutz. Bei uns wird denjenigen, die in dieser Verwertung gerade nicht gebraucht werden, die Schuld an ihrer Erwerbslosigkeit zugeschoben: \"Es gibt kein Recht auf Faulheit\" (Schröder). Soziale Sicherungssysteme werden abgebaut, Erwerbslose in Billiglohnjobs gezwungen. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Frankreich eine vielstimmige Bewegung: Die Streiks im öffentlichen Dienst, die \"sans papier\" (Flüchtlinge ohne Papiere) thematisieren ihre Situation als entrechtete ArbeiterInnen, Arbeitslose gehen auf die Straße. Neben reformistischen Forderungen steckt im Kampf um die realen Zumutungen des Kapitalismus immer ein Funke Utopie: \"Travaillez jamais!\" - Arbeitet nie!

Festung Europa\ Der Wunsch nach einem besseren Leben treibt seit Jahren MigrantInnen in die Europäischen Union. Doch willkommen sind sie hier nicht. Ihnen wird die Einreise er- schwert, sie werden drangsaliert, eingesperrt und zu Niedriglohnarbeiten gezwungen. Und sie werden wieder rausgeschmissen: In Deutschland wurden allein im Jahr 2000 32.443 Menschen auf dem Luftweg abgeschoben, wobei hier Methoden angewandt werden, durch die der Tod von Flüchtlingen billigend in Kauf genommen wird. Mit der EU-Osterweiterung werden die Beitrittskandidaten in die rigide Asylpolitik der EU-Staaten eingebunden: Aufrüstung der Grenzen, Installierung von Abschiebeknästen und verstärkte Kontrollen im Hinterland. Zudem soll die Asylgesetzgebung in der EU vereinheitlicht werden. Die EU-Kommission hat dazu einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Dieser könnte in einigen Ländern Flüchtlingen durchaus Verbesserungen einbringen. So soll z.B. gesichert werden, dass Asylsuchende \"nicht in Armut absinken\". Der Entwurf ist aber vage formuliert und orientiert sich durchaus an den strikten und harten Regelungen Deutschlands. So soll die so genannte \"Residenzpflicht\", die Einschränkung der Bewegungsfreiheit auf den jeweiligen Landkreis, bestehen bleiben. Das Schicksal der Menschen, denen kein Asyl gewährt wird oder die ein solches erst gar nicht beantragen, wird von dem Vorschlag freilich nicht berührt. Von einer Orientierung am Menschenrecht auf Freizügigkeit kann keine Rede sein. Völlig ausgeblendet bleiben zudem die Fluchtgründe. Genau darum muss es aber Menschen gehen, die nicht hinnehmen wollen, dass es Menschenrechte gibt, die für ein paar gelten, für die große Mehrheit der Weltbevölkerung aber nicht.

EU-Armee\ Die EU zeigt sich, unter Führung Deutschlands, auch militärisch zunehmend selbstbewusster. Der im Kosovokrieg demonstrierten militärischen Abhängigkeit von den USA begegnete sie daher mit dem Beschluss, das Militärbündnis WEU (Westeuropäische Union) in die EU einzugliedern und eine schnelle Eingreiftruppe zu bilden. Auf dem EU - Gipfel in Helsinki im Dezember 99 wurde dann beschlossen, dass diese Interventionstruppe aus 50-60.000 Soldaten bestehen soll, die, ausgerüstet mit hochmodernem Material, innerhalb von nur 60 Tagen mobilisiert werden kann, um bei Konflikten selbst in peripheren(!) Gebieten weltweit schnell eingreifen zu können. Im Klartext: Die EU will in Zukunft ihre Interessen weltweit auch militärisch durchsetzen. Wer dabei das Sagen haben wird, machen allein die Zahlen deutlich. Deutschland will mit 18.000 Soldaten etwa ein Drittel stellen, den Rest die übrigen 14 EU-Staaten. Damit die EU auch militärisch als Konkurrent gegenüber den USA auftreten kann, müssen aber noch immense Rüstungsmaßnahmen getroffen werden. Mit z.T. einer gehörigen Portion Antiamerikanismus haben sich jedoch bereits PDS, olivGrüne bis hin zum neuen europäischen Rüstungskonzern EADS alle auf die Ideologie eines \"guten\" europäischen Militarismus geeinigt.

Es gibt kein ruhiges Hinterland!\ Gegen alle \"Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes und geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist\", setzen wir die Utopie einer klassen- und staatenlosen Weltgesellschaft. Auch jenseits von Seattle und Prag gilt es, den Herrschenden klarzumachen, dass sie mit unserem Widerstand rechnen müssen.

Reißen wir die Mauern ein, thematisieren wir den Rassismus des herrschenden Europa! Macht Protest zum Widerstand!

Tollerohne - Bündnis, Freiburg, 2001

Nazis morden - Rotgrün schiebt ab

20.01.2001

»Auch der Ausländer, der vielleicht morgen abgeschoben wird, soll sich heute noch auf unseren Straßen sicher fühlen können.«\ Günter Beckstein, CSU

Mit diesen Worten macht der Innenminister Bayerns klar, was den Kern der Rechtsextremismusdebatte ausmacht, die seit dem letzten Sommerloch durch die bundesweiten Medien geistert. In trauter Eintracht verurteilen die Industrie, Rotgrün und Teile der Union den gewalttätigen Rechtsextremismus hierzulande.\ Doch nach all dem Medienrummel ist zumindest klar geworden, worauf mensch hinaus will: Das Bild eines sauberen Deutschlands soll wiederhergestellt werden. Wie die Realität aussieht, zeigt aber beispielsweise die Debatte über die Abspeisung der NS - ZwangsarbeiterInnen und die antisemitische Brandrede Martin Walsers. Ein weiteres Beispiel war die rotgrüne Begründung des Angriffskriegs gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit der zynischen Bemerkung, gerade die Täternation von Auschwitz sei nun dazu berufen, überall auf der Welt militärisch für Ordnung sorgen. Im Kosovo können albanisch - völkische Gruppierungen nun unter dem Schutz deutscher Soldaten weiterhin daran arbeiten, diese Region Juden- und Romafrei zu machen.\ Deutsche! Kauft deutsche Bananen!\ Es geht also nicht um Menschenwürde, sondern um den Standort (\"Green-Card\"), um das \"Wir Deutsche\" als standortbewußte, leistungsdenkende Produzenten und Konsumenten. Inwiefern aber gerade der Standort für hierlebende Menschen, insbesondere für nichtdurchschnittsaussehende Menschen, gefährlich sein kann, wird nicht thematisiert. Viele dieser Menschen erfahren es aber tagtäglich am eigenen Leib, was es heisst, nicht \"deutsch\" genug zu sein. Einerseits sind sie körperlichen Übergriffen von Nazis und RassistInnen ausgesetzt, andererseits unterliegen sie staatlichen rassistischen Gesetzen, wie der Residenzpflicht (Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch bearbeitet wird, dürfen den Landkreis, in dem sie gemeldet sind, nicht ohne behördliche Genehmigung verlassen). Gerade dieses Hand - in - Hand von \"Volk\" und Staat macht den Ruf nach einem NPD-Verbot heuchlerisch: denn dadurch wird nur das immense Bedürfnis nach einem Sündenbock befriedigt - und alles kann bleiben, wie es ist. Die Grundlagen des Rassismus werden damit aber nicht angetastet. Diese liegen einerseits in den Auschlußmechanismen von Staat und \"Volk\", anderseits in der kapitalistischen Logik der Verwertung von Humankapital. Ohne beides wären Nazis gar nicht möglich. Die Parole \"Ausländer raus!\" ist nämlich meistens auch die verbale Kurzform für das, was viele Bundesbürger fordern (vgl. Diskussion über die \"Doppelte Staatsbürgerschaft\"), sowie für das, was nach den Abschiebeknästen erfolgt. Die politische Sprache muß sich ändern, seit langer Zeit betreibt sie etwa verbale Mobilmachung gegen Flüchtlinge: Da müssen \"Fluchtwege\" abgeschnitten, da muß \"Abschreckung\" praktiziert werden. Solange Migrationspolitik im Stil von Katastrophenpolitik gemacht und über Flüchtlinge geredet wird wie über eine Heuschreckenplage, sind solche Verbotsforderungen peinlich. Gleichzeitig nutzen die Herrschenden die Verbotsdebatte zur Stärkung der sog. \"Inneren Sicherheit\". Das Demonstrationsrecht soll verschärft, die gerade erst wegen rechtsstaatlichen Bedenken abgeschaffte Kronzeugenregelung wieder eingeführt und viele weitere repressive Maßnahmen ergriffen werden. Der Ruf nach einem NPD-Verbot ist damit zugleich der Ruf nach einem \"Starken Staat\", er schürt Illusionen, der Rechtsnachfolger des 3. Reichs, die BRD, könnte tatsächlich die faschistische Gefahr bannen.

Lieber einen anständigen Aufstand als den Aufstand der Anständigen!\ Weltrevolution statt NPD-Verbot!\ Für freies Fluten!\ La Banda Vaga, 2001