EXPO stoppen! Kapitalismus abschaffen!
Am 1 Juni 2000 soll in Hannover die "erste Weltausstellung auf deutschem Boden", die EXPO 2000, ihre Pforten öffnen. Fünf Monate lang wollen rund 200 Regierungen und Großkonzerne den 40 Millionen Besucherinnen "aus aller Welt" unter Aufwendung der modernsten und teuersten Multimedia - Präsentationstechniken ihr Bild der Zukunft schmackhaft machen.
Während Armut, Ausbeutung und Unterdrückung weltweit verschärft werden, geloben die Herrschenden Besserung und malen die Zukunft in den rosigsten Farben. Während die bestehenden patriarchalen, rassistischen und kapitalistischen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse immer unerträglicher werden, soll das Bewußtsein dafür durch modische Modernisierungsfloskeln zum Verschwinden gebracht werden. Krieg heißt heute "Humanitäre Mission", die verschärfte Ausbeutung von Mensch und Natur "Nachhaltige Entwicklung", rassistische Ausgrenzung "Innere Sicherheit", und imperialistische Bestrebungen werden zynischerweise "Globale Verantwortung" genannt.
Nachhaltige Ausbeutung und Herrschaft
Die EXPO soll Besucherinnen eine "Welt der Zukunft" zeigen, die nach den ökotechnokratischen Maßgaben der Agenda 21 und deren nicht mehr ganz so taufrischem Herrschaftskonzept "Nachhaltigkeit" gebaut sein soll. Und das heißt praktisch: Nur durch neue umweltzerstörerische Technologien, durch die ungehemmte Entfaltung kapitalistischer Akkumulation - wie es die EXPO-GmbH nennt, und wie es auch integraler Bestandteil der Agenda 21-Ideologie ist - durch den Einsatz der "Lösungskompetenz von Unternehmen" seien die sog. globalen Menschheitsprobleme zu lösen.
Miseren wie die steigende Rohstoffverknappung Umweltzerstörung, Hunger und Armut sind für die EXPO-GmbH natürlich nicht Folgen der jahrhundertelangen kolonialen Ausbeutung, der fortdauernden imperialistischen Abhängigkeitsverhältnisse und der kapitalistisch-patriarchalen Arbeitsteilung, sondern seien auf traditionsbedingte Ursachen zurückzuführen. Die Ursachen für ökologische Zerstörung und soziale Verelendung liegen angeblich in den Menschen selbst und ihrem "Fehlverhalten", genauer: in ihrer angeblichen Technikfeindlichkeit und dem Fortpflanzungsverhalten der Menschen im Trikont. Die alte reaktionäre Legende von der "Bevölkerungsexplosion" als Hauptübel wird wieder aufgewärmt. Es leben ihnen immer noch zu viele, vom Kapital ausgebeutete und vertriebene Menschen auf der Erde. Die eigentlichen Ursachen werden systematisch ausgeblendet und zum Teil sogar als Lösungen präsentiert. So werden z.B. Gen- und Atomtechnologie als zukunftsweisende Konzepte propagiert.
Deutschland marschiert - an der Spitze des Fortschritts
Die ausgestellte Hochtechnologie wird aber auch für militärische und repressive Zwecke genutzt. Autoritäre, reaktionäre und kriegführende Staaten wie die Türkei, Spanien und Mexiko (Chiapas) erhalten anläßlich von "Nationentagen" Gelegenheit zur Selbstdarstellung; die BRD feiert den ihren am 3. Oktober. Ein Jahr nach der Beteiligung am Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien will die BRD "...zeigen, wie wir sind - weltoffen, mit gelebter Menschlichkeit, mit der Fähigkeit zur internationalen Solidarität" (Kohl 1997). Das "...Bild der Deutschen wird mit der EXPO 2000 vielfach neu bestimmt. Deutschland kann mit der EXPO. . .beweisen, daß es aus dem Schatten diese Jahrhunderts mit zwei Weltkriegen herausgetreten ist" (EXPO-Generalkommisarin Birgit Breuel 1996).
Mit dem Abfeiern von zehn Jahren "Wiedervereinigung" will sich die BRD endgültig von der Last ihrer NS-Vergangenheit befreien. Sie will damit den viel zitierten "Schlußstrich" ziehen, während das BRD-Kapital die Ausstellung für ihre imperialistischen Ambitionen nutzt. Dabei stört es die Expo-Macherlnnen auch keineswegs, daß der Chefarchitekt des Ausstellungsgeländes ausgerechnet Albert Speer jr. heißt. Ganz im Sinne seines Vaters plante er den deutschen Nationenpavillon als den zentralen und größten Punkt der EXPO, gleich neben dem Europa Center und dem Pavillon der christlichen Kirchen gelegen. Diese Symbolik verdeutlicht die von der BRD schon erreichte Vormachtstellung innerhalb eines erstarkten Europas (s. Osterweiterung) und den offenen Anspruch mit den großen Konkurrenten USA und Japan in die nächste Runde um den heiß umkämpften Weltmarkt zu treten. Der deutlichste Ausdruck hierfür ist der Aufbau einer, von der NATO unabhängigen, Militärorganisation; der WEU. Da wundert es um so weniger, daß die USA ihre Teilnahme an der EXPO - angeblich wegen Geldmangel - abgesagt hat.
Entsichert - Der Polizeistaat lädt nach
Während der Zeit der EXPO wird Hannover exemplarisch für das Vertreibungs- und Repressionskonzept, das auch in anderen BRD-Städten praktiziert wird, zu einer Polizeifestung ausgebaut. Mit Unterstützung von Polizei aus ganz Europa soll den Gästen eine gesäuberte Metropole präsentiert werden. Der Staat wird zum Sicherheitsstaat: BGS und SEK sperren die kameraüberwachte Innenstadt ab. Die Vorbeugehaft wurde von vorher maximal 48 Stunden auf vier Tage ausgeweitet. Mit Beginn der EXPO wird ein zusätzlicher Knast eingerichtet, mit der Begründung, daß insbesondere durch "ausländische Täterinnen und Täter" die Kriminalitätsrate steigen würde.
Ab 2001 wird das EXPO-Gefängnis als Abschiebeknast genutzt. Der Zynismus wird komplett, wenn die EXPO-Macherlnnen einen sog. Tag der Weltenwanderung während der Ausstellung arrangieren und gleichzeitig, mit dem Ausbau der Festung Europa, die Lage der Flüchtlinge gerade in der BRD immer dramatischer wird (Flughafenregelung, Asybewerberleistungsgesetz etc.).
Die Beherrschung verlieren! EXPO angreifen!
"Lust auf Zukunft" soll sie machen, die EXPO. Wir alle sitzen angeblich in einem Boot, und wenn alle die ärmel hochkrempeln und ihren Teil zur Rettung des Planeten beitragen, wird schon alles gut. Als wären die heutigen Verhältnisse Ergebnis mangelnden Wissens oder Willens. Das Eingeständnis der "Krise" dient vor allem der Herstellung von Leistungs- und Anpassungsbereitschaft für die gemeinsame große Sache. Und wer nicht mitmachen will, macht sich schuldig am Elend der Welt und hat in der "Neuen Mitte", der wohligen Weltrettungsgemeinschaft, nichts verloren.
Um die Allgemeingültigkeitsansprüche des Weltbildes der EXPO zu untermauern, werden bei der EXPO auch KritikerInnen bestehender Verhältnisse einbezogen und sollen über Integrationsangebote von GegnerInnen zu konstruktiven MitarbeiterInnen gewandelt werden. Dadurch sollen die grundlegenden Gegensätze zwischen EXPO-ldeologie und emanzipatorischen Ideen und Bewegungen verwischt werden. Garniert mit einigen "Feigenblatt"-ökoprojekten ergibt das den Versuch, diese Bewegungen verbal zu vereinnahmen - faktisch aber abzuwickeln. Dabei spielen auch die sog. NGOs (Non governmental organizations) die Rolle der Akzeptanzbeschaffer. Damit entlarven sie sich endgültig als systemimmanente Flickschuster des Kapitalismus.
Wir werden trotzdem nicht mitmachen! Mehr noch halten wir diese Propagandaveranstaltung der herrschenden Weltordnung - ebenso wie die bekannteren Inszenierungen kapitalistischer Macht wie EU- und Weltwirtschaftsgipfel oder WTO-Tagungen, für ein Ereignis, gegen das es Widerstand zu entwickeln gilt. Die EXPO bietet thematisch wie praktisch eine große Angriffsfläche, die wir nutzen sollten, um zu zeigen, daß wir auch noch da sind!
Kein Friede mit dem System! Seattle ist überall! EXPO lahmlegen!
La Banda Vaga 2000