Redebeitrag zu »Manpower«
Diesen kurzen Redebeitrag hielten wir am 24.09.2009 im Rahmen der bundesweiten Kampagne "Leiharbeit abschaffen" vor der Freiburger Filiale der Leiharbeitsfirma Manpower.
Das US-Unternehmen Manpower erzielte 2005 einen Jahresumsatz von fast 16 Milliarden. Mit rund 4400 Niederlassungen in 72 Ländern verleiht Manpower jährlich über 4,4 Millionen Lohnabhängige und ist damit einer der drei größten Personaldienstleister weltweit. In Deutschland ist Manpower bereits seit 1965 aktiv und derzeit an über 250 Standorten vertreten. Die Homepage des Unternehmens verdeutlicht, wie sich Manpower ein funktionierendes Wirtschaftssystem vorstellt und welche Rolle dabei sein Verleihpersonal zu spielen hat. Im typischen Unternehmerjargon wird von Manpower die Unterwerfung unter die Marktmacht als lebenslange Aufgabe und zum Lebenssinn der Lohnabhängigen stilisiert. Als „Schrittmacher des Marktes“ – wie es auf der Homepage heißt – ist Manpower bemüht, die zu vermittelnden Menschen ins passende Marktformat zu pressen. Diese so genannte Flexibilisierung des Arbeits- und Lebensalltags degradiert die Lohnabhängigen mehr denn je zum Kalkulationsobjekt der Kapitalanhäufung. Erkämpfte soziale Sicherungen bleiben so auf der Strecke, weil sie nicht mit dem Kapitalinteresse kompatibel sind. Wer nicht mehr gebraucht wird, wie etwa in Krisenzeiten, soll ohne komplizierte und kostspielige Zwischenschritte, wie etwa dem Kündigungsschutz, schnell von der Lohnliste eines Unternehmens verschwinden. Das Arbeiten auf Abruf unter ständigem Orts- und Zeitwechsel verhindert zudem auch, dass sich die so Ausgebeuteten zusammentun und stärkt die Verhandlungsmacht des leihenden Unternehmens. Viele Floskeln werden von Manpower bemüht, um Sicherheit der Leiharbeiter zu suggerieren. Vielmehr zeigen diese Floskeln aber eines: wer sich nicht selber immer wieder zum Marktanhängsel erniedrigt, für den oder die ist überhaupt nichts mehr sicher. Selbstverantwortlichkeit bedeutet für Manpower, dass im Endeffekt alle selbst schuld sind, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Das Unternehmen bietet laut eigenen Worten „einen sicheren Arbeitsplatz mit exzellenten Weiterbildungs- und Aufstiegschancen“. So sollen sich die Lohnabhängigen in einem firmeneigenen „Training and Development Center“ “weiterentwickeln, Neues lernen und Defizite beseitigen“, wie es die Worte der Homepage beschreiben. Der Mensch wird so zur bloßen Überkreuzung von den Fähigkeiten, die der Markt grade von ihm will, um, wie es die Manpower-Homepage formuliert, mit “den Anforderungen des Marktes jederzeit Schritt (zu) halten.“ Die marktkonforme Unterordnung wird zum Sinnangebot aufbereitet. Nur die Lohnabhängigen, die die Marktimperative als Lebensphilosophie verinnerlichen, sind ideale, weil widerstandslose Angestellte. In diesem Sinne sollen sich die Lohnabhängigen immer wieder selbst qualifizieren, weiterbilden; sich also einer Disziplinierungsprozedur unterwerfen, um dem Unternehmen und dem Markt dienen zu können. Eine solche brutale Anpassung und Zurichtung wird von Manpower dann als Rezept für Sicherheit gepriesen. Das LeiharbeiterInnen nicht nur unsicherer, sondern auch fast immer für weniger Geld arbeiten als ihre festangestellten KollegInnen ist bewiesen und letztlich so gewollt. Einmal mehr lügt sich Manpower die Welt zurecht und behauptet dreist, dass in der Zeit der Überlassung an einen Kunden den Lohanhängigen die gleichen „wesentlichen Leistungen und Arbeitsbedingungen“ gewährt werden, die einem vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb zugestanden werden. Mit einem so genannten „Equal Treatment Modell“ wird vorgetäuscht, dass auf der Lohnebene „im Wesentlichen“ die Lohnabhängigen nicht schlechter als Festangestellte behandelt würden. Außerdem besagt dieses Modell auch, dass sich die Entlohnung in Zeiten, in denen der Mitarbeiter nicht für einen Kunden von Manpower arbeitet auf „marktgerechtem Niveau“ erfolgt – auch eine recht wacklige Formulierung, die aber bei der Marktverehrung der Firma nichts Gutes vermuten lässt. Das Unternehmen arbeitet nicht nur als prekarisierender Vermittlungsbetrieb, sondern leistet zusätzlich die ideologischen Verneblung und Verherrlichung einer unerbittlichen marktadäquaten Selbstformierung des Einzelnen als zeitgemäßen Geschäftsgeist. Auf der Homepage der Firma lässt sich dazu noch Folgendes lesen: „In Deutschland kontrollieren wir bereits 40 Jahre den Puls des Arbeitsmarktes. Seine Frequenz begreifen wir nicht nur aus der Perspektive von Unternehmen und Mitarbeiter. In enger Zusammenarbeit mit führenden Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Industrie, Handwerk, Politik und Bildung analysieren wir ihn und entwickeln überall dort lösungsorientierte Modelle, wo zeitgemäße, originäre Dienstleistungen den Arbeitsmarkt stärken und dynamisch voranbringen.“ Die möglichst bruchlose Übersetzung der Marktforderungen in Bedürfnisse der Lohnabhängigen ist so praktisches und ideologisches Ziel des Unternehmens. Das Unternehmen ist also eine wesentliche Institution des neoliberalen Kapitalismus, dem der Markt alles und das menschliche Bedürfnis nichts ist.
La Banda Vaga, September 2009