Soziale Kämpfe und anarchistische Bewegung in Griechenland
Zur Veranstaltung am 12. Januar 2001, 20 Uhr, KTS Freiburg, Basler Strasse 103
Griechenland, vielen bekannt als sonniges Urlaubsland, taucht nur selten in den deutschen Medien auf. Wenn doch einmal, dann meistens, um über Katastrophen wie Erdbeben, Waldbrände oder wie im Oktober 2000 den Untergang einer Kykladenfähre zu berichten. Was politisch geschieht, ist dagegen gänzlich unbekannt. Dabei lohnt sich ein Blick auf die verschiedenen sozialen Kämpfe, die die Anpassung Griechenlands an die EU-Normen begleiten. Radikale Lohnkämpfe, Straßenblockaden von Bauern, demonstrierende SchülerInnen und eine vielseitig aktive anarchistische Szene sorgen immer wieder für kurze Aussetzer im kapitalistischen Alltag. Um diesen Widerstand zu brechen und potentiell wiederständige Teile der Bevölkerung abzuschrecken, werden immer wieder AktivistInnen der anarchistischen Szene zu TerroristInnen aufgebaut und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Nicht selten gelingt es jedoch in den Revisionsprozessen, die Konstrukte des staatlichen Verfolgungsapparates zu entlarven und Freisprüche für die Angeklagten zu erkämpfen. Um diese "juristischen Schwierigkeiten" zu bewältigen, bereitet die Regierung seit einiger Zeit ein sog. Antiterrorgesetz vor. Dieses Gesetz, das diesen Winter verabschiedet werden soll, wird die Verurteilung von "TerroristInnen" erheblich erleichtern. So sollen Geschworenengerichte in "Terrorismus-Prozessen" abgeschafft werden (die Geschworenen haben in Politprozessen immer wieder die Berufsrichter überstimmt und so für Freisprüche gesorgt). Video- und Tonbandaufzeichnungen mit verzerrter Stimme werden als Beweismittel gelten, Blutentnahme und DNA-Kontrolle als Beweismittel eingeführt. Des weiteren soll die schon heute praktizierte Rolle des Agent Provokateur gesetzlich verankert und Kronzeugen begünstigt und geschützt werden. Neben der EU spielen die USA, deren Polizei und Geheimdienste einen ständigen Druck auf griechische Stellen ausüben, eine führende Rolle bei diesem Umbau der Strafprozessordnung. Schon Anfang September 2000 wurde zwischen Beiden Ländern das "Memorandum of understanding" unterzeichnet. Dieses bilaterale Abkommen sieht den Austausch von Informationen zur "Bekämpfung organisierter Kriminalität und Terrorismus", sowie Zusammenarbeit bei "Prävention und Repression" und der "Verfolgung von Flüchtlingen" vor. Angeblich geht es in der Diskussion einzig um die Bekämpfung der seit 1975 aktiven Organisation "17. November". Für die griechische Regierung jedoch geht es v.a. um die effektive Bekämpfung des inneren Feindes und darum, endlich Erfolge gegen die Vielzahl klandestiner Gruppen vorweisen zu können, die die verschiedenen gesellschaftlichen Kämpfe mit kleineren Anschlägen begeiten. Erfahrungsgemäß wird sich jede Gesetzesverschärfung zuallererst gegen die anarchistische Bewegung richten.
Ralf Dreis, bis vor kurzem Griechenland-Korrespondent der "Jungle World", gibt einen Abriss über die Entwicklung seit dem Wahlsieg der sozialdemokratischen Pasok 1981 unter Andreas Papandreou; übrigens der erste linke Wahlsieg in Griechenland, auf den kein Putsch folgte und der mit Parolen, wie "Raus aus der NATO", "Nein zur EG", "Enteignung der Kirche", "Verteilung von Kirchengrund an Bauerngenossenschaften" und "Gleiche Rechte für Frauen" gelang. Schwerpunkte der Veranstaltung werden die politischen Gefangenen, die überwiegend der anarchistischen Bewegung angehören, die Antikriegsbewegung wärend des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien und die HausbesetzerInnen Szene sein. Dazu wird auch der Film "10 Jahre besetztes Zentrum Villa Amalia in Athen" gezeigt.
La Banda Vaga 2000